Story
Offenbachs Kinder
Wir – die Kinder von Einwandererfamilien – suchten hartnäckig unseren Platz in dieser Welt und haben uns diesen erarbeitet. Mit besonderen Herausforderungen und zum Teil mit Diskriminierungserfahrungen konfrontiert, hatten wir kaum Zeit, dies zu reflektieren, aber den festen Anspruch, ein Teil des Ganzen zu sein. Als Kinder und Jugendliche suchten wir alternative Wege der Anerkennung und Wertschätzung. Wir fanden Gleichgesinnte, mischten uns unter Gleichaltrige und versuchten uns in bestehende Strukturen wie Schule und Vereine zu integrieren.
Wir wuchsen in Stadtteilen wie Lauterborn, Eschig, Lohwald, Lämmerspieler Weg und am Marktplatz auf, wo auch Gewalt und Drogen präsent waren. Vorbilder hatten wir zu Hause – unsere Eltern und Familien. Obwohl das nicht sofort für uns ersichtlich war, boten sie uns wichtige Werte wie Respekt, Toleranz, Disziplin und Fleiß. Unsere Eltern nahmen trotz großer Veränderungen, Mehrfachbelastungen, fehlender Unterstützungssysteme und Unsicherheiten für die Zukunft die wichtigste Rolle als Bezugspunkte ein.
Positive Vorbilder und Idole außerhalb der Familie waren selten oder wurden nicht gesehen, sodass wir unseren eigenen Weg finden mussten – manchmal durch Disziplin, manchmal durch Glück. Es gab vereinzelt Bezugspersonen außerhalb der Familie, die an unsere Potenziale glaubten und unsere Förderung begleiteten. Gleichzeitig waren wir oft konfrontiert mit wenig Empathie für unsere Biografien und Sozialisation. Rückblickend waren die Angebote für eine umfassende Reflexions- und Integrationsarbeit für die hier aufgewachsenen Kinder der Zuwanderer unzureichend.
Heute, bei Vair e.V., übernehmen wir aktiv Verantwortung für unsere Gemeinschaft. Durch die Reflexion unserer eigenen Lebensgeschichten können wir für die Herausforderungen und Möglichkeiten sensibilisieren, die mit Ankommen und Zusammenleben verbunden sind. Wir gestalten neue Realitäten und zeigen durch unsere Erfolge, dass trotz schwieriger Bedingungen Erfolg und Zufriedenheit erreichbar sind. Das Potenzial, unsere Stadt und Gemeinschaft positiv zu beeinflussen, liegt nicht nur in den Straßen, sondern vor allem in der Vielfalt unserer persönlichen Erfahrungen und der gemeinsamen Stärke, die wir teilen.